Heizungstausch: Der
frühe Vogel fängt den Wurm – oder nicht?
Gewährleistung: Mängel der Wohnung - zur Ausstattung der Wohnung
mit einer Gasetagenheizung
(ho)
Mit Beschluss vom 19. Juli 2022 - VIII ZR 194/21, NZM 2023, 30 hat der
BGH die Frage entschieden, ob der Mieter einen Anspruch auf Reparatur
einer ausgefallenen Gasetagenheizung vor dem Modernisierungswunsch des
Vermieters auf Umstellung einer zentralen Wärmeversorgung hat.
Der BGH bejaht die Frage in folgendem Fall:
Die Wohnung des M ist mit einer Gasetagenheizung einschließlich
Warmwasserversorgung ausgestattet. Seit dem Jahre 2015 ist in dem Mehrfamilienhaus,
in dem die Wohnung liegt, eine Zentralheizung mit Warmwasserversorgung
eingebaut, die bereits die meisten Wohnungen versorgt. Im November 2016
kam es zu einem irreparablen Ausfall der Gasetagenheizung (Heizungshavarie),
die M versorgt. Mit Fristsetzung und unter Androhung der Ersatzvornahme
fordert M schriftlich von V die Instandsetzung der Etagenheizung. V bietet
dagegen den Anschluss der Wohnung an die Zentralversorgung einschließlich
Warmwasser an. M lehnt ab, lässt die irreparabel defekte Gasetagenheizung
austauschen und macht gegen V seine Aufwendungen in Höhe von 3400
€ geltend. Nach dem Austausch der Gasetagenheizung und während
des Prozesses verlangt V von M die Duldung des Anschlusses an die Zentralversorgung
als Modernisierungsmaßnahme und verfolgt dies im Rahmen der Widerklage.
AG und LG helfen M und sprechen Aufwendungsersatz nach § 536 a Abs.
2 Nr. 1 BGB zu.
Der BGH bestätigt das. Liege wie hier keine Beschaffenheitsvereinbarung
zur Beheizbarkeit der Wohnung und zur Warmwasserversorgung vor und sei
sie von Anfang an mit einer Gasetagenheizung ausgestattet, bilde dies
den vertragsgemäßen Wohnungszustand. Im Rahmen seiner Instandsetzungspflicht
sei der Vermieter deshalb zur Erhaltung der Gasetagenheizung oder im Falle
der hier eingetretenen Havarie zu deren Austausch verpflichtet. Das Angebot
eines Anschlusses an die zentrale Wärmeversorgung erfülle diese
Instandsetzungspflicht grundsätzlich nicht.
Unentschieden bleibt eine etwaige Duldungspflicht des Mieters hinsichtlich
des verlangten Anschlusses an die zentrale Wärmeversorgung gemäß
§ 555 d BGB; denn im Zeitpunkt des Mangelbeseitigungsverlangens war
diese Duldungspflicht mangels erfolgter schriftlicher Modernisierungsankündigung
nach § 555 c BGB nicht ausgelöst.
Nachzutragen bleibt:
Im Ergebnis widerstreitet die Entscheidung der Grundstruktur der neuen
GEG-Novelle. Sie ist aus Klimaschutzgründen auf Zentralisierung ausgelegt.
Konsequenz: In dem entschiedenen Fall muss der Vermieter zweimal Geld
ausgeben; einmal, um mit einer neuen Gasetagenheizung dem Instandsetzungsanspruch
des Mieters zu genügen, und zum anderen, um den Anforderungen des
novellierten GEG nachzukommen. Der Vermieter kann dem nur entgehen, indem
er sehr schnell und auf jeden Fall vor dem geltend gemachten Instandsetzungsanspruch
des Mieters ein Modernisierungsangebot unterbreitet, dazu mit dem Mieter
eine Modernisierungsvereinbarung schließt oder zur Duldung des beabsichtigten
Anschlusses an die Zentralversorgung auffordert. Diese Entscheidung wird
aber kaum so schnell zu treffen sein. Denn in den meisten Fällen
wird bereits ein Energieberater benötigt, um technische Einzelfragen
im Hinblick auf die Versorgung mit Heizwärme und Warmwasser zu klären,
in jedem Fall aber, um Förderanträge im Rahmen der Planung der
Baumaßnahmen vor deren Umsetzung zu stellen. Allein mit der Stellung
der Anträge ist es auch nicht getan. Denn vor Auftragserteilung an
die umsetzenden Unternehmen muss die Fördergenehmigung vorliegen.
Vor allem muss der Vermieter schon in der Ankündigung über die
Inanspruchnahme von Fördermitteln zur Finanzierung der Baumaßnahme
informieren (§ 559 a BGB; so jetzt auch: BGH, Urteil vom 19.7.2023
- VIII ZR 416/21, Beck RS 2023, 21223 = FD-MietR 2023, 460116 = WuM 2023,
464). Insgesamt also eine Konsequenz aus dieser Entscheidung,
die vor dem Hintergrund des neuen GEG dringend zu überdenken ist.
Ansatz dazu bietet der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens
des Mieters. Davon ist auszugehen, wenn der Mieter einen geltend gemachten
Instandsetzungsanspruch trotz Zugangs eines Duldungsverlangens in eine
modernisierende Baumaßnahme weiter verfolgt, obwohl die angekündigte
Baumaßnahme im Ergebnis zu einer anderen, aber ebenbürtigen
und rechtskonformen Wärme- und Warmwasserversorgung im Sinne des
Klimaschutzes nach dem GEG führt.
© Dr. Hans Reinold Horst
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