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Stromtankstelle: „Count down“

Stromtankstelle - Copyright Sylvia Horst(ho) Bis zum Jahr 2030 sollen in Deutschland insgesamt 1 Million elektrische Schnellladestationen zur Forcierung der Elektromobilität (Stromtankstellen) realisiert werden. Sie sollen unter erleichterten Voraussetzungen eingerichtet werden können. So benötigt man für die Ladesäule schon jetzt keine Baugenehmigung. Denn ihre Zulässigkeit richtet sich nur nach Straßenrecht und nicht nach Baurecht (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 8 CE 18.1071, juris). Geklagt hatte ein Antragsteller, vor dessen Wohnhaus 4 Parkplätze wegen Nachrüstung mit Stromtankstellen nur noch zum Aufladen von Elektrofahrzeugen genutzt werden können und deshalb als allgemeiner Parkraum nicht mehr zur Verfügung stehen; sein Eilantrag auf Baustopp wird abgelehnt (ebenso VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Januar 2020 – 17 K 4015/18, juris - Abschleppen eines nicht elektrisch betriebenen Fahrzeugs von einem Sonderparkplatz für Elektrofahrzeuge erfolgt berechtigt).
Die Umsetzung einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur in dem genannten ambitionierten Maß verläuft bislang schleppend. Die Ölkonzerne haben hier eine Marktnische erkannt und wollen ihre Tankstellen nun auch mit „Schnellladesäulen“ ausstatten (DIE WELT vom 5.8.2020, S. 9). Aber diesen „Powerload“ muss das E-Mobil technisch auch verkraften können.

Das Mieterstrommodell

Zum Mieterstrom vorab folgendes: Als Modell eingeführt durch das Gesetz zur Förderung von Mieterstrom und zur Änderung weiterer Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 11.7.2017 (BGBl. I 2017, S. 2532 ff) wird unter der Bezeichnung „Mieterstrom“ Strom bezeichnet, der von Solaranlagen auf dem Dach eines Wohngebäudes erzeugt und von dort direkt ohne Netzdurchleitung an Letztverbraucher in diesem Gebäude oder in Wohngebäuden oder Nebenanlagen im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang geliefert und verbraucht wird. Das geschieht entweder durch den Vermieter selbst oder durch Unternehmen, die sich auf Energiedienstleistungen spezialisiert haben. Der Vermieter stellt dann seine Dachflächen zur Verfügung. Mieterstrom wird staatlich gefördert. Grob gesagt darf er höchstens zu 90 % des herkömmlichen Grundtarifs abgegeben werden (§ 42 a Abs. 4 EnWG).

Als Anlagenbetreiber erhält der Vermieter einen „Mieterstromzuschlag“ vom Netzbetreiber. All dies gilt nur, wenn die Solaranlage ab dem 25.7.2017 in Betrieb genommen wurde (§ 100 Abs. 7 Satz 1 EEG 2017). Denn das Mieterstromgesetz ist an diesem Tag in Kraft getreten.

So wie man als Vermieter zur Wohnung oder zu gewerblich genutzten Räumen eine Garage oder einen Kfz-Stellplatz vermietet, so könnte man doch auch eine Stromtankstelle mit eigenproduzierten Strom gegen Entgelt dem Mieter zur Nutzung überlassen. Von den gesetzlichen Voraussetzungen und den staatlichen Förderbedingungen ausgehend wäre das auch möglich: Denn der erzeugte Mieterstrom muss nicht nur in den Räumen verbraucht werden, Nebenanlagen im räumlichen Zusammenhang mit den gemieteten Räumen können zur Versorgung mit eingebunden werden. Entsprechende Lösungen zur Versorgung von Ladesäulen werden bereits angeboten.

Der Vermieter als Energieversorger

Der Haken für so manchen Vermieter:
Als Stromlieferant wird der Vermieter selbst zum Energieversorger und unterliegt dessen Anforderungen. Er muss die Vollversorgung seiner Mieterstromkunden mit Strom gewährleisten; also auch dann, wenn die Sonne nicht scheint und Strom nicht selbst produziert wird. Auf diese Weise wird er zum Stromeinkäufer für seine Mieter und muss mit den Netzbetreibern und den Energieversorgern Rahmenverträge abschließen.

Der Vermieter muss ein entsprechendes Gewerbe anmelden. Auch als Einzelperson ist er ein „Energieversorgungsunternehmen“ im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes (EmWG) und des Gesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien - Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in seiner Fassung ab dem 17.7.2017. Die dort enthaltenen Verpflichtungen treffen ihn voll, insbesondere die Gestaltung von Versorgungsverträgen, die Rechnungsgestaltung, die Stromkennzeichnung, sowie Registrierungs- und Mitteilungspflichten. Der dafür erforderliche Aufwand wird nicht extra entgolten. Er ist bereits in der Berechnung des Mieterstromzuschlags berücksichtigt.

Als Unternehmer wird der Vermieter in vollem Umfang steuerpflichtig.
Insbesondere zahlt er Gewerbesteuer und Umsatzsteuer. Weiter zahlt er die volle EEG-Umlage für den gelieferten Mieterstrom (§ 3 der Erneuerbare-Energien-Verordnung - EEV - in der Fassung vom 15.7.2020, BGB l I 2020, S. 1696; vgl. VG Neustadt a.d. Weinstraße (Az. 4 K 1029/08) zur Verpflichtung eines Vermieters durch die Gemeinde, wegen seiner Eigenschaft als Energieversorger für die betriebene Photovoltaikanlage eine „Gewerbeabfallentsorgungsgebühr für Kleingewerbe“ zu zahlen – verneint).

Das geltende Recht führt bislang zu sehr hohen Hürden für die Anwender des Mieterstrom Modells und zieht wie gerade gezeigt einen ebenso hohen Bürokratieaufwand nach sich. Entgegen der politischen Leitlinie eines verstärkten Einsatzes regenerativer Energien innerhalb des Klimaschutzes ist deshalb die Photovoltaiktechnik bis jetzt nicht im gewünschten Umfange verbreitet und das Mieterstrommodell zum „Flop“ geworden. Deshalb fordert ein Bündnis von 11 Verbänden aus Energie- und Wohnungswirtschaft eine gesetzliche Nachbesserung („7-Punkte-Plan für ein besseres Mieterstromgesetz“ vom 24.9.2019).

© Dr. Hans Reinold Horst

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